Welcome, 1965/1966

Peter Weibel, »Welcome«, 1965 (Film), 1966 (Performance), Foto: 1972

Peter Weibel
Welcome
1965 (Film) / 1966 (Performance)

Performance: Film, Projektor, Akteur
Film: 8 mm, Farbe und s/w, 20 Min.)


Präsentationen:
• DIAS – Destruction in Art Symposium, Africa Centre, London 15. September 1966
[abgebrochen durch Destruction Lecture von Otto Muehl]
• 13. Januar 1967 im Palais Palffy, Wien
• Österreichhaus, Wien, 26.–27. Januar 1967
• Forum Stadtpark, Graz, 2. Mai 1967


Der 1965 in Schweden gedrehte und im Winter 1965/66 in Wien geschnittene Film wurde nicht auf eine Leinwand projiziert, sondern auf den Körper des Filmemachers:

„ich drehte 1965 den film >welcome< in schweden, schnitt ihn im winter 65/66 fertig.“

„Ich projizierte meinen Film Welcome auf mich, wobei ich in Englisch, Französisch und Deutsch ein Manifest verlas, begleitet von Beat und Soul auf Tonband (action lecture, expanded movie).“

„Die vom Subjekt wahrgenommene und durch die Kamera fixierte Industrie, demonstriert auch die Präsentation von Welcome. Die Vom Subjekt wahrgenommene und durch die Kamera fixierte Umwelt wird auf es selbst projiziert. Der subjektiven Aufnahme entspricht eine subjektive Projektion. Der Film, durch den Filmemacher entworfen, wird wieder auf ihn zurückgeworfen.“

[Peter Weibel, in: Peter Weibel (Hg.): Wien: Bildkompendium, Wiener Aktionismus und Film, 1970, S. 287f.]


„erstes film-happening oder expanded movie. der film ‚welcome’ in einer intermedialen vorführung: er wird auf die brust und den rücken des autors projiziert, der während der projektion unter musikbegleitung einen programmatischen text spricht. auf die leinwand hinter ihm wird ebenfalls ein film projiziert.

abbild-objekt problem. modell 1: der filmemacher. wenn der ort des films nicht die leinwand ist können körper wieder auf körper, objekte wieder auf objekte projiziert werden. die vom subjekt wahrgenommene und durch die kamera fixierte umwelt wird auf das subjekt selbst projiziert. der subjektiven aufnahme entspricht eine subjektive projektion. der film, durch den filmemacher entworfen, wird wieder auf ihn zurückgeworfen. befreiung von der industrie ist auch möglich durch die subjektivierung des films, durch die desertion der industriellen norm der präsentation. der menschliche körper als leinwand.

variationen: projektionen von wolken, wiesen, wasser auf die behaarte brust, von magenoperationen auf den magen, von axthieben auf den schenkel, von pornofilmen auf die schulter. der filmemacher diente als modell für das objekt-abbild problem. die veränderung der projektionsfläche tendierte ja dazu, die differenz zwischen objekt und zeichen so weit wie möglich aufzuheben, wie es bei der projektion eines bauches auf einen bauch zb der fall wäre. die beziehungen zwischen signans und signatum konnten auf diese weise einleuchtender behandelt, der mediale charakter des films, die wirklichkeit seiner materialität gegenüber der wirklichkeit außerhalb des kinsosaales betont werden. ein später auch in der bildenden kunst um sich greifendes verfahren, durch das subjekt des künstlers selbst kontextveränderungen und -erweiterungen und damit auch des kunstbegriffes vorzunehmen, dh den rahmen und die bedingungen für ein kunstwerk abzustecken.“

[Protokolle ’82, Band 2, Peter Weibel. Mediendichtung, Jugend und Volk, Wien, 1982, S. 64]

„dieser film bildete in der ersten intermedialen vorführung bei meiner action lecture nr. 1 ‚proposals on non-affirmative art‘,
15. 9. 1966, destruction in art symposium, Africa Centre, London, mein erstes expanded movie. eine erweiterte fassung (zb verlesung eines programmatischen textes gleichzeitig zu einem tonbandgerät mit derselben rede, projektion der filme nicht nur auf meinen körper, sondern auch auf die leinwand hinter mir) wurde am 13. 1. 1967 im Palais Palffy, Wien, vorgestellt. diese fassungund ‚der mythos des 21. Jahrhunderts‘ (1967) wurden ausgangspunkt für mein expanded movie ‚action lecture‘, in dem mehrere tendenzen meines medialen aktionismus (in gegensatz zum malerischen aktionismus) kulminierten. foto aus einer späteren vorführung.“

[Protokolle ’82, Band 2, Peter Weibel. Mediendichtung, Jugend und Volk, Wien, 1982, S. 187]